Negative Bewertungen – was kann ich tun?Lesezeit ~ 5 Min.

Beitrag aktualisiert am 22. Oktober 2018

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eBay war eines der ersten Unternehmen, welches ein direktes Bewertungssystem für seine Nutzer anbot. In den Anfangszeiten konnten sich Käufer und Verkäufer noch gegenseitig bewerten, was dann zu skurrilen Revanchebewertungen führte, hatte einer der beiden eine negative Bewertung abgegeben. Heute sind Bewertungsportale fester Bestandteil des Netzes. Jede Branche hat ihr eigenes Portal, wie tripadvisor, Jameda oder Anwalt.de, aber auch gute Google und Facebook-Bewertungen sind für Unternehmen enorm wichtig. Gute Bewertungen schaffen Vertrauen. Umso tiefer sitzt der Stachel, wenn negative Bewertungen abgegeben werden und Unternehmer dem ohnmächtig ausgeliefert sind. Sich ganz der Bewertungsmöglichkeit zu entziehen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Wenn auch zuletzt der Sieg einer Ärztin über das Portal Jameda die Runde machte, wonach das Bewertungsportal ihren gesamten Eintrag löschen sollte, entpuppte sich dies auf den zweiten Blick als Pyrrhus-Sieg. Denn das BGH-Urteil beruhte im Wesentlichen darauf, dass neben einem kostenlosen Profil, das ohne den Willen der Ärztin eingestellt wurde, bezahlte Premiumeinträge beworben wurden. Diese Praxis hat Jameda nun eingestellt, so dass weiter Profile von Ärzten eingestellt werden können, die eigentlich gar nicht Teil der Bewertungswelt sein wollen. Dass sie das grundsätzlich hinnehmen müssen, hatte der Bundesgerichtshof schon vor Jahren entschieden.

Wann kann Löschung verlangt werden?

Umso ärgerlicher ist es dann natürlich, einen derartig ungewollten Profileintrag noch mit Negativbewertungen garniert zu bekommen. Doch gegen Negativbewertungen ist man nicht schutzlos. Handelt es sich um falsche Tatsachenbehauptungen oder Schmähkritik, kann man von dem Portalbetreiber oder direkt dem Verfasser, wenn dieser bekannt ist, Löschung verlangen.

Grundsätzlich hat jeder gem. Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) das verfassungsrechtlich geschützte Recht seine Meinung frei äußern zu dürfen. Diese Freiheit findet jedoch ihre Grenzen in anderen grundrechtlich geschützten Gütern, wie dem Schutz der persönlichen Ehre des Einzelnen. Diese ist als Teil des so genannten allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz geschützt. Falsche oder schmähende Bewertungen können in Form der Rufschädigung zu einer Ehrverletzung führen. Kernpunkt der rechtlichen Fragen ist meist, wann eine zulässige Meinungsäußerung vorliegt und wann die Schwelle zu einer Ehrverletzung übertreten wird. Besonders im Zusammenhang mit dem Phänomen des sog. „Shitstorm“, einer Anhäufung von negativen Userbeiträgen, gewinnt diese Abgrenzungsfrage an Aktualität. Äußerungen können dabei grundsätzlich in die Kategorie Tatsachenbehauptung oder Werturteil eingeteilt werden.

Wann handelt es sich um Tatsachenbehauptungen, wann um Werturteile?

Tatsachenbehauptungen betreffen ein objektives Geschehen und sind entweder wahr oder unwahr und dem Beweis zugänglich. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind grundsätzlich nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt und damit stets rechtswidrig. Die Behauptung, die Tischdecken bei dem italienischen Restaurant seien blau, kann durch eine Begutachtung vor Ort überprüft werden. Sind die Tischdecken tatsächlich rot, handelt es sich bereits um eine unwahre Tatsachenbehauptung.

Sobald Äußerungen wertende Elemente enthalten, handelt es sich nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um Werturteile. Die Äußerung, die Tischdecken in dem Restaurant seien hässlich, ist rein subjektiv und nicht beweisbar. Sie ist als reine Meinungsäußerung hinzunehmen. Schwierig wird die Unterscheidung, wenn eine Äußerung sowohl tatsächliche als auch wertende Elemente enthält.

Tatsachen und Werturteile können miteinander verbunden sein bzw. ineinander übergehen Vom Überwiegen des Wertungscharakters wird ausgegangen, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm und gering ist, dass er gegenüber dem wertenden Teil in den Hintergrund tritt. Von einer Meinungsäußerung wird dann ausgegangen, wenn sie in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist. Dies wird in der Regel bei Urteilen und pauschalen Behauptungen angenommen. Bei der Behauptung, der Kellner im Restaurant habe nur dummes Zeug geredet, steht klar der wertende Charakter im Vordergrund, da sich nicht ansatzweise erkennen lässt, was der tatsächliche Inhalt der Aussagen des Kellners war.

Bei Werturteilen, welche darauf abzielen, zu diffamieren und herabzusetzen, handelt es sich um sogenannte Schmähkritik. Diese ist als Angriff auf die persönliche Ehre stets rechtswidrig. Die Äußerung, der Kellner sei ein Kameltreiber, der abgeschoben gehöre, wäre eine klare Schmähkritik, da dies keine Auseinandersetzung mit der Arbeitsleistung des Kellners erkennen lässt, sondern dieser aufgrund seiner Herkunft rassistisch verächtlich gemacht wird. Der Restaurantbetreiber wie auch der Kellner hätten hier Anspruch auf Löschung der Bewertung.

Gegen üble Nachrede vorgehen

Einen besonderen Fall stellt die üble Nachrede dar. Gar nicht selten kommt es in der Praxis vor, dass Konkurrenten ihre Mitbewerber extra schlecht bewerten oder bewerten lassen. Die Anonymität des Internets macht es möglich. Erkennt der Bewertete dies oder kann er eine solche Bewertung keinem realen Kunden zuordnen, kann er unter dem Gesichtspunkt der üblen Nachrede von einem Bewertungsportal die Entfernung verlangen. Aufgrund der BGH-Rechtsprechung hat sich bei den Bewertungsportalen für solche Fälle eine Prüfungsroutine etabliert. Zunächst wird die Bewertung rausgenommen und der vermeintliche Kunde kontaktiert. Kann dieser nun nicht darlegen, tatsächlich beim Bewerteten eingekauft oder gegessen zu haben oder meldet er sich gar nicht, wird die Bewertung dauerhaft gelöscht. Steckt wider Erwarten doch ein realer Kunde dahinter und kann dieser sein Erlebnis untermauern, kann die Bewertung nach dem oben Gesagten nur gelöscht werden, wenn es sich um falsche Tatsachenbehauptungen oder Schmähkritik handelt.

Aber auch bei Meinungsäußerungen sind Unternehmer nicht schutzlos. Denn dann sollten Sie sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen, sondern mittels der Antwortfunktion, die jedes Bewertungsportal bietet, Ihre Sicht der Dinge schildern. Wenn Sie das ruhig, sachlich und kundenfreundlich erledigen, kann selbst eine unangreifbare Negativbewertung noch in Eigenmarketing umgewandelt werden.

Der Rechtsanwalt Martin Boden, LL.M. ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- und Medienrecht sowie zertifizierter Datenschutzbeauftragter des DSB-TÜV Süd. Als Gründungspartner von Boden Rechtsanwälte berät er Mandanten an den Standorten Düsseldorf und Bielefeld rund um die Themen Anmeldung, Verteidigung und Verwertung von gewerblichen Schutzrechten. Boden Rechtsanwälte ist darüber hinaus Partner für innovative mediale Ideen und rechtliche Fragen zum Social Media Marketing. Martin Boden steht Mandanten zudem rund um das Datenschutzrecht und die durch die DSGVO zu erwartenden Änderungen zur Seite.

 

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