Factoring ist der Verkauf offener Rechnungen an einen Factoringanbieter. Durch den Forderungsverkauf können Unternehmen schnell und einfach ihre Liquidität steigern. Doch Factoring bietet den Kreditoren noch weitere Vorteile.
Dazu gehören verschiedene Dienstleistungen im Debitorenmanagement und die Übernahme des Ausfallrisikos durch den Factor. Damit jeder Verkäufer die passende Umsatzfinanzierung findet, gibt es verschiedene Factoringarten. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Factoringvarianten für Onlinehändler vor und zeigen Ihnen die Vorteile und Nachteile.
Was ist Factoring für den Onlinehandel?
Onlinehändler können Factoring für eine schnelle und einfache Umsatzfinanzierung nutzen. Dazu schließt der Händler einen Vertrag mit einem Factoringanbieter ab. In dem Vertrag werden alle wichtigen Punkte des Forderungsverkaufs festgehalten:
- Art der angekauften Forderungen
- Höchstbetrag aller anzukaufenden Forderungen
- Laufzeit des Vertrages
- Höhe der Factoringgebühr
- Zinsen für die Vorfinanzierung der offenen Rechnungen
- Entgelt für die Bonitätsprüfung der Debitoren
- Höhe des Sicherheitseinbehalts
- Abrechnungsbedingungen
Nach Abschluss des Vertrages kann der Verkäufer offene Rechnungen mit Zahlungsziel im Online-Portal des Factors hochladen. Der Factoringanbieter prüft die Rechnungen und überweist den vereinbarten Teil der Rechnungssumme innerhalb von 1–2 Tagen. In der Regel werden mindestens 80 % des Rechnungsbetrages sofort überwiesen. Das restliche Geld folgt bei Erreichen des Zahlungsziels. Für seine Dienstleistungen und die Vorfinanzierung der offenen Forderungen berechnet der Factor Zinsen und Gebühren.
Die Kosten für den Forderungsankauf werden dem Kreditor in der Regel monatlich oder quartalsweise in Rechnung gestellt. Hier lohnt sich ein Vergleich mit den Zinsen für einen Kontokorrentkredit auf dem Geschäftskonto oder einen Bankkredit mit monatlichen Raten.
Welche Factoringarten gibt es?
Die Anbieter haben verschiedene Factoringarten im Programm, die sich vor allem im Umfang der Dienstleistungen und in der Höhe der Gebühren unterscheiden:
- Echtes Factoring: Es handelt sich um die beliebteste Factoringart in Deutschland. Der Factor kauft die offenen Forderungen an und übernimmt gleichzeitig das Ausfallrisiko, auch als Delkredererisiko bezeichnet.
- Unechtes Factoring: Beim unechten Factoring nutzt der Kreditor nur die Finanzierungsfunktion. Das Ausfallrisiko trägt der Verkäufer weiterhin selbst. Falls der Schuldner bei Fälligkeit der Rechnung nicht zahlt, muss der Kreditor das Geld an den Factor zurückzahlen.
- Offenes Factoring: Die Debitoren werden über den Forderungsverkauf durch einen Abtretungsvermerk auf der Rechnung informiert. Die Überweisung des Rechnungsbetrages erfolgt direkt auf das Konto des Factoringunternehmens.
- Stilles Factoring: Die Käufer erfahren nichts von dem Verkauf der Forderung. In einigen Fällen wird auf der Rechnung eine Kontonummer des Factoringanbieters angegeben. Ansonsten überweisen die Debitoren bei Erreichen des Zahlungstermins an den Kreditor, der das Geld an den Factor weiterleitet.
- Inhouse Factoring: Diese Factoringart eignet sich für Kreditoren mit einem eigenen Debitorenmanagement. Der Factor übernimmt die Finanzierungsfunktion und die Delkrederefunktion. Der Kreditor führt die Debitorenbuchhaltung entweder komplett oder bis zur ersten Mahnung selbst aus. Erst danach übernimmt der Factor das weitere Mahnwesen und die Inkassomaßnahmen.
- Fälligkeitsfactoring: Unternehmen mit einer starken Liquidität können beim Fälligkeitsfactoring auf die Vorfinanzierung der Rechnung verzichten. Der Factoringanbieter übernimmt nur die Debitorenbuchhaltung und das Ausfallrisiko. Der Kreditor erhält den Rechnungsbetrag nicht sofort, sondern erst bei Fälligkeit der Rechnung. Da die Finanzierungsfunktion bei dieser Factoringart wegfällt, muss der Kreditor keine Zinsen zahlen. Es fallen nur die Kosten für die Dienstleistungen des Factors an.
- Reverse Factoring: Diese umgekehrte Form des Forderungsverkaufs ist auch als Einkaufsfactoring bekannt. Im Gegensatz zum herkömmlichen Factoring verkauft nicht der Kreditor die offenen Forderungen. Stattdessen kümmert sich der Käufer darum, dass der Verkäufer sofort das Geld für die Warenlieferung erhält. Der Factor finanziert die Bestellung vor und der Käufer erhält eine Rechnung mit einem langen Zahlungsziel. Bei Erreichen des Fälligkeitstermins zahlt der Debitor an das Factoringunternehmen.
Was sind die Vorteile und Nachteile von Factoring im E-Commerce?
Als Onlinehändler lernen Sie Ihre Kunden nicht persönlich kennen. Darum müssen Sie sich besonders sorgfältig über die Zahlungsfähigkeit der Käufer erkundigen. Beim Full Service Factoring nimmt Ihnen der Factoringanbieter die Bonitätsprüfung der Debitoren ab. Gleichzeitig profitiert Ihr Unternehmen von einer schnellen Liquidität ohne viel Bürokratie. Außerdem übernimmt der Factor auf Wunsch das Debitorenmanagement. Sie können Factoring in Ihrer Firma nach Abschluss des Factoringvertrages sofort nutzen. Der Zugang zum Portal des Factors funktioniert online. Das sorgt für eine schnelle und papierlose Abwicklung mit einem geringen Zeitaufwand.
Die Nachteile von Factoring liegen in den Zinsen und Gebühren, die der Factor für die Vorfinanzierung der offenen Rechnungen und seine sonstigen Dienstleistungen berechnet. Die Kosten sind in der Regel monatlich oder quartalsweise zu zahlen. Dafür müssen die Kreditoren beim Full Service Factoring keine eigene Debitorenbuchhaltung betreiben.
Bestimmte Branchen und Produzenten müssen außerdem beachten, dass sie nach einem Anbieter suchen müssen, der spezielle Factoringformen bereitstellt. Dazu gehören Bauunternehmen, die sich gezielt nach VOB-Factoring erkundigen sollten. Die Anbieter von personalisierten Produkten sind häufig ebenso vom Factoring ausgeschlossen wie Verkäufer, die ihre Waren oder Dienstleistungen ausschließlich an Privatpersonen verkaufen.
Wer schreibt hier: Torsten Seidel
Gambio Shop-Einrichtung und Pflege
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